SIL

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Wofür steht SIL?

SIL steht für Sicherheits-Integritätslevel (engl. Safety Integrity Level). Es ist ein Maß für die Zuverlässigkeit eines sicherheitsbezogenen Systems. Je höher der SIL, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das System versagt und es zu einem gefährlichen Ereignis kommt.

Anwendung

SIL wird in vielen Branchen eingesetzt, um die Sicherheit von Anlagen und Prozessen zu gewährleisten, z. B.:

  • Prozessindustrie (Chemie, Öl und Gas)
  • Energieerzeugung
  • Automobilindustrie
  • Bahntechnik
  • Medizintechnik

Normen

Die Bestimmung des SIL (Sicherheits-Integritätslevel) ist ein wichtiger Schritt, um die funktionale Sicherheit von Systemen zu gewährleisten. Dafür gibt es verschiedene Normen, die je nach Branche und Anwendung relevant sind. Hier sind einige der wichtigsten:

Allgemeine Normen

  • IEC 61508: Dies ist die grundlegende Norm für funktionale Sicherheit und bildet die Basis für viele branchenspezifische Normen. Sie definiert die Anforderungen an die Entwicklung, Implementierung und den Betrieb von sicherheitsbezogenen elektrischen/elektronischen/programmierbaren elektronischen Systemen (E/E/PE).

Branchenspezifische Normen

  • IEC 61511: Diese Norm befasst sich mit der funktionalen Sicherheit in der Prozessindustrie (Chemie, Öl und Gas, Pharma). Sie leitet sich von der IEC 61508 ab und konkretisiert die Anforderungen für diese Branche.
  • ISO 26262: Diese Norm ist spezifisch für die funktionale Sicherheit in der Automobilindustrie. Sie definiert Anforderungen an alle Aktivitäten im Lebenszyklus von sicherheitsrelevanten elektrischen/elektronischen Systemen in Kraftfahrzeugen.
  • IEC 62061: Diese Norm gilt für die Sicherheit von Maschinen und legt die Anforderungen an die sicherheitsbezogenen Steuerungssysteme fest.
  • EN 50128: Diese Norm befasst sich mit der funktionalen Sicherheit von Software für Bahnanwendungen.
  • IEC 61513: Diese Norm ist für die funktionale Sicherheit in der Nuklearindustrie relevant.

Weitere relevante Normen

  • IEC 61131: Diese Norm definiert die Programmiersprachen für speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), die häufig in sicherheitsbezogenen Systemen eingesetzt werden.
  • IEC 60880: Diese Norm behandelt die Software im Lebenszyklus von Systemen, die mit nuklearen Anlagen verbunden sind.

Wichtige Aspekte bei der Normenauswahl

  • Branche: Die Wahl der richtigen Norm hängt in erster Linie von der Branche ab, in der das System eingesetzt wird.
  • Anwendung: Auch die spezifische Anwendung des Systems spielt eine Rolle bei der Normenauswahl.
  • Komplexität: Je komplexer das System ist, desto strengere Anforderungen werden in der Regel gestellt.

Es ist wichtig, die relevanten Normen sorgfältig zu prüfen und die Anforderungen in der Entwicklung und Implementierung des Systems zu berücksichtigen. Oft ist es sinnvoll, Experten für funktionale Sicherheit hinzuzuziehen, um die richtige Norm auszuwählen und die Anforderungen korrekt umzusetzen.

Bestimmung des SIL

Die Bestimmung des SIL (Sicherheits-Integritätslevel) ist ein systematischer Prozess, der in den relevanten Normen (z.B. IEC 61508, IEC 61511) beschrieben wird. Er umfasst im Wesentlichen folgende Schritte:

1. Gefährdungsanalyse und Risikobewertung

  • Identifizierung von Gefährdungen: Zunächst müssen alle potenziellen Gefahrenquellen im System identifiziert werden, die zu einem Unfall oder Schaden führen könnten.
  • Abschätzung der Risikoparameter: Für jede identifizierte Gefährdung werden die folgenden Parameter abgeschätzt:
    • Ausmaß der Schäden (S): Welche Folgen hätte ein Versagen des Systems? (z.B. leichte Verletzung, Tod, Umweltschaden)
    • Eintrittswahrscheinlichkeit (W): Wie wahrscheinlich ist es, dass die Gefährdung eintritt?
    • Möglichkeit der Risikominderung: Können Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko zu reduzieren (z.B. Schutzvorrichtungen, Alarme)?
  • Berechnung des Risikos: Anhand der Risikoparameter wird das Risiko für jede Gefährdung berechnet.

2. Festlegung des erforderlichen SIL

  • Risikomatrix oder Risikograph: Oft wird eine Risikomatrix oder ein Risikograph verwendet, um anhand des berechneten Risikos den erforderlichen SIL zu bestimmen.
  • Qualitative oder quantitative Analyse: Die Risikobewertung kann qualitativ (basierend auf Beschreibungen) oder quantitativ (mit Zahlenwerten) erfolgen.

3. Auswahl der Sicherheitsfunktionen

  • Sicherheitsfunktionen definieren: Es werden Sicherheitsfunktionen festgelegt, die im Falle einer Gefährdung aktiviert werden, um den Schaden zu verhindern oder zu begrenzen (z.B. Not-Aus, Überdruckventil).
  • Zuordnung des SIL: Jede Sicherheitsfunktion erhält den SIL, der für die entsprechende Gefährdung erforderlich ist.

4. Nachweis des SIL

  • Architektur und Komponenten: Die Architektur des sicherheitsbezogenen Systems und die Auswahl der Komponenten müssen den Anforderungen des SIL entsprechen.
  • Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit: Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Sicherheitsfunktion muss berechnet und mit den Anforderungen des SIL verglichen werden.
  • Prüfungen und Tests: Es müssen verschiedene Prüfungen und Tests durchgeführt werden, um die Zuverlässigkeit des Systems zu belegen.

Beispiel

In einer Chemieanlage könnte eine Gefährdung darin bestehen, dass ein Reaktor überhitzt und explodiert. Die Risikobewertung ergibt, dass dies schwerwiegende Folgen hätte und die Eintrittswahrscheinlichkeit relativ hoch ist. Daher wird ein hoher SIL (z.B. SIL 3) für die Sicherheitsfunktion festgelegt, die den Reaktor im Falle einer Überhitzung abschaltet. Um diesen SIL zu erreichen, werden redundante Temperatursensoren und ein unabhängiges Abschaltsystem installiert.

Wichtig

Die Bestimmung des SIL ist ein komplexer Prozess, der Fachwissen und Erfahrung erfordert. Es ist empfehlenswert, Experten für funktionale Sicherheit hinzuzuziehen, um die Risikobewertung durchzuführen und den SIL korrekt zu bestimmen.

Vier Sicherheits-Integritätslevel

Es gibt vier Sicherheits-Integritätslevel (SIL), die in der Norm IEC 61508 definiert sind:

  • SIL 1: Die niedrigste Stufe mit den geringsten Anforderungen an die Sicherheitsintegrität.
  • SIL 2: Mittlere Stufe mit höheren Anforderungen als SIL 1.
  • SIL 3: Hohe Stufe mit noch strengeren Anforderungen.
  • SIL 4: Die höchste Stufe mit den höchsten Anforderungen an die Sicherheitsintegrität.

Je höher der SIL, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein sicherheitsbezogenes System versagt und es zu einem gefährlichen Ereignis kommt. Die Auswahl des SIL hängt von der Risikobewertung ab, bei der die Wahrscheinlichkeit und die Schwere eines möglichen Schadens analysiert werden.

Umsetzung des SIL

Um den geforderten SIL zu erreichen, müssen geeignete Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Dazu gehören:

  • Auswahl von Komponenten mit ausreichender Zuverlässigkeit
  • Redundanz (mehrere Komponenten für dieselbe Funktion)
  • Fehlererkennung und -behebung
  • Regelmäßige Wartung und Prüfung

Vorteile von SIL

  • Erhöhung der Sicherheit von Anlagen und Prozessen
  • Reduzierung von Unfällen und Schäden
  • Verbesserung der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit
  • Erfüllung von gesetzlichen Anforderungen

Zusammenfassung

SIL ist ein wichtiges Instrument zur Bewertung und Verbesserung der funktionalen Sicherheit. Durch die Anwendung von SIL können Risiken minimiert und die Sicherheit von Mensch und Umwelt erhöht werden.

 

Synonyme für SIL

  • SIL
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